Als ich über 100 kg gewogen habe, hätte ich mich so beschrieben: "Ich bin moppelig." Lange und schmerzhaft war der Weg für mich zu erkennen, dass ich weit mehr als das war. Lange der Weg, bis ich endlich die Augen öffnete und erkannte, dass ich nicht nur "moppelig" war. Nein, ich war fett!
Na, was dann passierte wisst Ihr ja schon. Ich habe begonnen meine Ernährung umzustellen und es so geschafft mich zu halbieren. Großartig! Aber als ich 55 kg erreicht habe, hätte ich mich so beschrieben: "Ich bin moppelig."
Der gleiche Satz wie mit über 100 kg!!!
Und das nicht, weil ich gerne von meiner Umwelt hören wollte, dass es nicht so ist. Nicht, weil ich hören wollte, dass ich ja so schlank sei. Nein, weil ich mich so gesehen habe. Ich habe immer noch, wenn ich mich angezogen habe, darauf geachtet, ob ich in der Kleidung ja bloß nicht fett aussehe. Ob die Klamotte dick macht. Am wohlsten fühlte ich mich wenn die T-Shirts, Pullover und Blusen eine Nummer zu groß waren. Weil es so schön "kaschiert".
55kg bei 1,60m. Natürlich wusste ich, dass ich laut Statistiken schlank war, ja, sogar meine Idealfigur erreicht habe. Aber meine Augen sahen das nicht. Beim Blick in den Spiegel sah ich nicht, dass ich schlank bin.
Die Abnahme funktionierte bei mir ja sehr zügig. In einem Jahr habe ich über 50kg Gewicht gelassen. Das finde ich auch toll. Aber mein Körpergefühl ist bei dieser Geschwindigkeit leider nicht mitgekommen. Ich war lange, lange Zeit zu dick. Weit über 10 Jahre. Dann die Halbierung des Gewichtes in nur einem Jahr. Das war für meinen Körper (laut den Blutuntersuchungen und den Ärzten) völlig in Ordnung. Aber für mein Bewusstsein war es wohl eindeutig zu schnell.
Wiedermal ein Prozess der dauerte. Viele sagten, dass ich Unglaubliches vollbracht habe. Viele waren der Meinung, dass so eine Ernährungsumstellung von sehr wenigen Menschen so konsequent durchgezogen werden kann. Ich sah es nicht so! Ja, schon klar, ich habe abgenommen. Aber in meinen Augen war das nichts Besonderes, keine herausragende Leistung. Außerdem war ich ja noch (in meinen Augen) "moppelig". Folglich war es für mich schon mal gar nichts Besonderes.
Ich brauchte nochmal mehrere Monate, bis die Tatsache "schlank" auch bei mir angekommen ist. Monate des zweifelns und manchmal beinahe verzweifelns. Monate in denen ich mich in meinem Körper noch immer nicht wohl fühlte. Ich versuchte noch immer mit Kleidung mein Gewicht zu verstecken. Zog automatisch den Bauch ein, wenn mir jemand begegnete. Fotografieren ließ ich mich noch immer nicht gerne, zu groß war das Schamgefühl.
Mittlerweile ist mein Körpergefühl besser. Ich sehe beim Blick in den Spiegel, dass ich schlank bin. Trage Kleidung, die mir auch passt und ich ziehe meinen Bauch auch nicht mehr ein. Ich sehe, dass es nichts zum einziehen gibt. Ich erkenne sogar, dass ich wirklich was Tolles geschafft habe und zolle meinem Körper dafür den Respekt, den er auch verdient. Aber wie gesagt, der Weg bis hierher war steinig.
Aus heutiger Sicht kann ich Euch sagen: wenn Ihr abnehmen möchtet, tut das langsam. Ich meine damit nicht, dass es an Konsequenz und Durchhaltevermögen hapern sollte. Ich meine langsam. 5 - 10 kg pro Monat sind einfach zu viel. Der Weg in eine Essstörung ist nicht weit, wenn Euer Körpergefühl Euch vorgaukelt, dass Ihr noch dick seid - obwohl die Waage eine andere Sprache spricht. Schaut in den Spiegel und versucht jedes verlorene Kilo zu realisieren und Euch darüber zu freuen. Unser Körper ist keine Maschine. Respektiert ihn und auch seine Veränderungen. Dann habt Ihr es viel leichter Euch wohl zu fühlen, Fortschritte zu erkennen und auch zu genießen. Lernt Euren Körper zu lieben und mit ihm zusammen zu arbeiten. Dann steigt das Selbstbewusstsein und die Kraft, die Ihr habt. Denn das habt Ihr Euch verdient :-)
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